Kann sich Kirche rechnen? Sie tut es wohl kaum, wenn wir unser Gotteshaus am Stadtrand auch werktags öffnen. Manchmal schaut nur ein Mensch pro Stunde hinein, zündet eine Kerze an, schreibt einen Gedanken ins Fürbittenbuch. Manchmal kommt auch niemand. Dann sitzt der ehrenamtliche Kirchenhüterdienst allein im großen Kirchraum.
Anderes Beispiel: Ich bin im Krankenhaus und frage die Schwester, wen ich besuchen sollte. Ob evangelisch, ob Kirchenmitglied, spielt keine Rolle. Ich klopfe an die Tür, stelle mich vor und frage, wie es geht. Auch kurze Gespräche können tiefe Gespräche sein. „Kommen Sie wieder“, sagt der Mann zum Abschied. Ich wünsche ihm Kraft und Geduld.
Manche sagen angesichts der vielen Kirchenaustritte: „Macht die Angebote kostenpflichtig.“ Das sei betriebswirtschaftlich sinnvoller und klarer. Aber es passt nicht. Beim Kirchenbesuch nicht, am Krankenbett nicht, beim Seniorencafé nicht, ob sich da gerade 30 oder nur drei zusammenfinden. Beim Kinderchor nicht und nicht beim Gottesdienst am Sonntag.
Nein, Kirche rechnet sich nicht. Jesus hat vor 2000 Jahren eben keinen Betrieb gegründet, sondern eine Gemeinschaft gestiftet.
Wir müssen mehr und besser erzählen, was wir tun, denke ich immer wieder. Und noch mehr Räume öffnen zur Begegnung von Menschen und gegen die Einsamkeit unserer Welt. Ich wünsche mir das – und ohne Rechnung. Darum an dieser Stelle allen, die das mit ihrer Spende, ihrer Kirchensteuer, also ihrem Mitgliedsbeitrag, weiterhin möglich machen: Herzlich Dank!
Joachim Gerhardt
Geistlicher Impuls
Joachim Gerhardt, Pfarrer an der Bonner Lutherkirche und Pressesprecher des Kirchenkreises Bonn, schreibt alle drei Wochen das „Wort zum Sonntag“ in der Gesamtausgabe der Kölnischen/Bonner Rundschau, auf Seite 4 in der der großen Tageszeitung in der Köln-/Bonner Region. Hier erfahren Sie mehr: www.rundschau-online.de
(Text erscheint am 05.08.2023)